Rede von Inken Hose (Johanneum) anlässlich 30 Jahre Römer
Liebe Frau Ehrlenspiel, liebe Frau Lund und liebe ehemalige Sprecherinnen und Sprecher der Römer,
liebe Frau Nesemeyer, lieber Herr Flesch, Herr Prigge und Herr Dr. Richter,
lieber Herr Dr. Hildebrandt und Herr Dr. Marx,
liebe Eltern und Kolleginnen und Kollegen aus den Schulen,
kurz zusammengefasst: Liebe Römer!
Das Wilhelm-Gymnasium richtet heute Abend das Römer-Jubiläum aus – herzlichen Dank dafür! –, aber ich freue mich, als Hausherrin des Festortes ebenfalls einige Worte der Begrüßung an Sie richten zu dürfen.
Vor 30 Jahren hat sich eine Gruppe von Römerinnen und Römern auf den Weg gemacht, um hier im Norden den Hamburgerinnen und Hamburgern wieder ins Bewusstsein zu rufen, welch besonders wertvolles Bildungsangebot die humanistischen Gymnasien unserer Stadt – damals waren es sieben, jetzt sind es immerhin noch fünf – zu bieten haben, für den Erhalt dieses Bildungsangebots einzutreten und Kinder und ihre Eltern davon zu überzeugen, dass es sich für junge Menschen mehr denn je lohnt, sich intensiv mit den alten Sprachen und der griechisch-römischen Antike zu befassen. Denn wohl in keinem anderen Fach steht der Mensch mit nahezu allem, was ihn in seinem Menschsein ausmacht – und zwar bezogen auf das Individuum, als soziales Wesen und Teil des Kosmos –, in jeder Stunde so im Zentrum wie in Griechisch und Latein. Das ist im besten Sinne persönlichkeitsbildend und Halt gebend.
30 Jahre später stellen wir fest: Das, wofür die Römer seinerzeit angetreten sind, ist geglückt, denn unsere fünf Schulen florieren und können sich jedes Jahr über gute Anmeldezahlen freuen und auch der Senator lässt es sich seit 2015 nicht nehmen, zu unseren Römertagen zu kommen. Erst letzten Freitag war er trotz wichtiger paralleler Termine beim Festakt anlässlich des 150. Geburtstagess des Matthias-Claudius-Gymnasiums.
Selbstverständlich war diese positive Entwicklung allerdings nicht; denn immer wieder haben die Bildungspolitiker Veränderungen eingeführt oder vorgeschlagen, die dem humanistischen Gymnasium mit seinem grundständigen Latein hätten gefährlich werden können, allen voran die Einführung von Englisch in der Grundschule zu Beginn der 90er Jahre, die Latein an unseren Schulen über Nacht zur zweiten Fremdsprache machte mit Folgen für die Stundentafel und die Versetzungsregelung – übrigens der Anlass für die Gründung der Arbeitsgemeinschaft – und der Versuch, die sechsjährige Primarschule in Hamburg wiedereinzuführen.
Neben der Wandlungsfähigkeit unserer Schulen haben die Römer an diesem Erfolg einen entscheidenden Anteil: Zum einen, weil die in dem Arbeitskreis organisierten Eltern nicht als Überzeugende, sondern als Überzeugte agieren, weil sie gut untereinander und in alle gesellschaftlichen Bereiche hinein vernetzt sind und Unterstützer zu gewinnen wussten und wissen. Zum anderen aber auch, weil die Römer barfuß unterwegs sind: Statt mit Gebrüll und Geschrei überzeugen sie mit fröhlichen und lebendigen Römertagen, getragen und gestaltet von der gesamten Schulgemeinschaft unserer Schulen, und bei Vorträgen mit schlagkräftigen Argumenten aus prominenten Munde. Und schließlich haben die Römer für Freundschaften gesorgt – für persönliche und die Freundschaft zwischen den Schulen: Wenn es um das Eintreten für die humanistische Bildung geht, dividiert uns niemand auseinander. Die Bilder in der Präsentation, die während des Empfangs hier in der Aula in einer Endlosschleife laufen, legen von diesem Engagement ein beredtes Zeugnis ab.
In diesem Sinne: Seien Sie willkommen, liebe Freunde, und lassen Sie uns heute tüchtig feiern!
Rede von Dr. Martin Richter (Wilhelm Gymnasium) anlässlich 30 Jahre Römer
Liebe Inken, liebe Gäste,
wie sehen wohl die nächsten 30 Jahre der „Römer-AG“ aus? – Wir leben in turbulenten Zeiten. Vor 30 Jahren gab es noch keine Mobiltelefone geschweige denn smarte Hosentaschencomputer. Wie mag unsere Alltagswelt in 30 Jahren aussehen? Das wissen wir nicht!
Welche Herausforderungen stellen sich nun für eine Römer-AG?
Es gilt, immer wieder auf die einmaligen Stärken der Vermittlung der alten Sprachen und der antiken Kultur im Rahmen der allgemeinen Bildung hinzuweisen. Da wir hier quasi alle Insider sind, führe ich genau diesen Punkt nicht aus. Nur das eine: Zweifler an unserer eigenen Sache lade ich immer gerne zum Gespräch ein. Denn wer nicht mehr weiß, warum es sinnvoll ist, Pubertierende mit den nd-Formen zu konfrontieren, kann diese Aufgabe auch nicht mehr gut erfüllen. Wir müssen uns immer wieder auf die Sinnhaftigkeit unseres Geschäfts besinnen.
Doch jetzt konkret zur Römer-AG in der Zukunft – 3 Szenarien
1. Szenario – Worst Case:
Der gesellschaftliche Druck zur Ökonomisierung, Rationalisierung und leicht messbaren Output-Orientierung erobert die Bildungspolitik. Aus allgemeiner Bildung wird allgemeine Ausbildung. Die Alten Sprachen verschwinden in einer minimalen Nische.
DANN müssen SIE aufstehen und für unseren Bildungsansatz kämpfen. Jedes Wort, das außerhalb von Schule fällt, ist hier so viel mehr wert als die Verteidigung aus dem eigenen Haus. Uns sagt man sicher gerne: „Na klar. Keiner schafft sich gerne selbst ab.“
2. Szenario – Wir bleiben eine, wenn auch quantitativ kleine, Bildungsalternative. Johanneum, Christianeum und Wilhelm-Gymnasium werden zusammen stets von mindestens 300 Kindern angewählt.
Leider gilt dann der Satz „Stillstand ist Rückschritt“.
Wir werden Sie dann stets als Fürsprecherinnen und Fürsprecher benötigen, die uns unterstützen, die uns bekannt machen und die unsere Botschaften in die Sprache von Eltern übersetzen. Sie werden dann durch Römertage oder andere Formate antik inspirierter Aktionen in der Öffentlichkeit auf uns aufmerksam machen müssen. Die gute Arbeit in der Schule ist unsere Aufgabe. Aber wir fühlen uns im Interesse unserer Glaubwürdigkeit zu einer gewissen modestia oder humilitas – Bescheidenheit oder Demut – verpflichtet. Wenn wir als Schulen mit Werbespots und Bandenwerbung in Stadien anfingen, wäre das unser Ende. Darum brauchen wir Sie.
3. Szenario – In Reaktion auf die Herausforderungen in einer diffusen, globalisierten, pluralistischen Welt suchen mehr und mehr Familien das Schulglück ihrer Kinder in unserer Schulform – der altsprachlichen Schule. „Wirf Deinen Anker im sicheren Hafen der Antike.“
Dann sieht die Aufgabe der Römer-AG natürlich ganz anders aus: Bitte stellen Sie sich als Ordner bereit für unsere überlaufenen Tage der offenen Tür und Informationsveranstaltungen. Bitte versorgen Sie in der Anmeldewoche im Februar bereits ab 4.00 Uhr in der Frühe die vor unseren Schulen in langer Schlange mit Klapphockern wartenden Eltern und Kinder mit heißem Kakao, Kaffee und ggf. auch Grog. Trösten Sie als „pop-up-Seelsorgerinnen“ diejenigen, denen der Zugang zu unserer Schulform verwehrt bleibt, weil Herr Rabe das zwölfte Altsprachliche Gymnasium noch nicht hat fertigstellen können. Bremsen Sie in Ihrem Umfeld den Trend, dass alle neugeborenen Töchter Flavia und alle Söhne Quintus genannt werden.
Nur in diesem dritten Szenario könnten Sie ihr Engagement in der Römer-AG ggf. etwas zurückfahren. Wir wären in einer Aurea Aetas, einem goldenen Zeitalter, angekommen und Sie könnten sich entspannt Genüssen zuwenden. Z.B. dem Vortrag eines Kenners der Antike: Herr Dr. Hildebrand, Leiter der Antikenabteilung des Museums für Kunst und Gewerbe, spricht heute zu uns unter dem Titel: „Aurea Aetas – Kaiser Augustus und die Blüte Roms“.
Herzlichen Dank
Martin Richter